Prolog: Er kam im Hochsommer 2020 nach Schloss Rudolfshausen – vom Starnberger See, wo er sich aufhielt, um Familienurlaub zu machen. Von dort zu unserem Landschloss nahe Landsberg am Lech war es quasi nur ein Katzensprung. Er kam ohne Pomp und Gloria, weder mit Luxuslimousine noch mit Chauffeur, sondern mit einem unscheinbaren Mittelklassewagen mit Dresdner Kennzeichen: DD. Kleine Symbole, große Wirkung: S.K.H. Alexander Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen, der, seit er seinem Großvater Friedrich Christian und dessen Sohn Maria Emanuel als Chef des Hauses Wettin nachgefolgt ist, den Titel Markgraf von Meißen trägt. Er wäre heute, gäbe es noch die Monarchie, König von Sachsen und würde die Linie der sächsischen Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, die 1806 von Napoleon zu Königen erhoben wurden, weiterführen.
Damit würde er sich in die Reihe seiner zahlreichen Vorfahren eingliedern, deren bekanntester Friedrich August I., genannt „August der Starke“ (1670 bis 1733) war, Kurfürst und Herzog von Sachsen, sowie von 1697 bis 1706 und danach 1709 bis 1733 als August II. König von Polen und Großherzog von Litauen. Der letzte König von Sachsen, ehe die Monarchie 1918 abgeschafft wurde, war sein Nachfahr Friedrich August III. (1865 bis 1932). Die Linie wurde durch seinen Sohn Friedrich Christian Prinz von Sachsen (1893 bis 1968) weitergeführt, der mit Elisabeth Helene, Prinzessin von Thurn und Taxis, verheiratet war. Sie waren die Großeltern mütterlicherseits von Alexander Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen, im folgenden kurz Prinz Alexander genannt.
Prinz Friedrich Christian und seine Frau Elizabeth Helene hatten fünf Kinder, u.a. Maria Emanuel, der seinem Vater als Chef des Hauses Wettin nachfolgte, und dessen jüngere Schwester Maria Anna, die Mutter von Prinz Alexander.
Maria Anna Prinzessin von Sachsen wurde am 13. Dezember 1929 in Bad Wörishofen, Bayern, geboren. Ihre frühe Kindheit verbrachte sie in Bamberg. Nach Fertigstellung des Schlosses Wachwitz 1936 im Auftrag von Markgraf Friedrich Christian verbrachte sie mit ihren Eltern und Geschwistern die Jahre bis zur tragischen Bombennacht des 13. Februar 1945 in Dresden und musste erleben, wie die Wirkungsstätten ihrer Vorfahren dem Flammenmeer zum Opfer fielen. Sie sah vom Balkon des Hauses aus, wie die Frauenkirche am 14. Februar um ca. 10 Uhr in sich zusammenstürzte. Nach der Enteignung des Familiensitzes zu Verteidigungszwecken durch die Wehrmacht mussten die Wettiner in einem der letzten Züge, der von Dresden in Richtung Westen fuhr, die Heimat verlassen. Prinzessin Maria Anna besuchte ein katholisches Internat in der Schweiz und wurde als Kindergärtnerin ausgebildet. In München lebte sie zusammen mit ihrer älteren Schwester Maria Josefa zusammen. Dort lernte sie ihren späteren Ehemann Roberto Alexander Prince de Gessaphe, der aus einer christlichen Familie des heutigen Libanon stammte, kennen. Am 1. Mai 1952 heirateten die beiden und planten, in Paris, dem Lebensmittelpunkt von Prinz Roberto zu leben, aber familiäre Umstände führten sie nach Mexiko. Prinzessin Maria Anna und Prinz Roberto bekamen drei Söhne:
Alexander Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen
(*12. Februar 1953 in München), Chef des Hauses Wettin seit 2012, Unternehmer und Unternehmensberater
Friedrich Wilhelm Prinz von Sachsen-Gessaphe (* 5. Oktober 1955 in Mexiko City), Innenarchitekt, Dekorateur und Kunstexperte
Karl August Prinz von Sachsen-Gessaphe (*1. Januar 1958 in Mexiko City), Universitätsprofessor der Jurisprudenz
Auch wenn Prinz Alexander in Mexiko aufwuchs und die, wie er sagt, latinohafte Mentalität aufgenommen hat, ist er dennoch in der Familie sehr traditionell erzogen worden. Sowohl Mutter wie auch Vater legten großen Wert auf erstklassige Manieren und kultiviertes Benehmen. Prinz Alexander erinnert sich:
„Wir mussten schon als kleine Kinder bestimmte Regeln einhalten. Z.B., wenn meine Mutter zum Esstisch kam, mussten wir den Stuhl für sie zurückziehen, und wenn sie sich gesetzt hatte, den Stuhl wieder zum Tisch schieben. Wir lernten, wie man sich bei Tisch benimmt, wie man sich einer Dame gegenüber verhält usw. All das wurde uns so eingeimpft, dass es uns in Fleisch und Blut überging. Mein Vater sagte immer: ‚Bildet euch in Kultur und so kam es, dass wir in unserer Freizeit viel lasen und klassische Musik hörten. Wir sind mit Schwarz-Weiß-Bildern Dresdner Bauwerke groß geworden: der Hofkirche, der Oper, dem Zwinger usw. So schafften es meine Eltern, ganz besonders meine Mutter, dass wir mit Dresden im Herzen groß geworden sind und ganz viel auf unsere Heimat – und die war nicht Mexiko, sondern Dresden – gehalten haben. Immer mit dem Bewusstsein, dass, wenn die Mauer einmal fällt und wir gerufen werden, wir auch dorthin gehen, um aktiv beim Aufbau mitzuwirken.
Prinz Alexander führt weiter aus: „Mir wurde schon sehr früh von meinem Großvater signalisiert, dass ich einmal die Nachfolge des Hauses Wettin übernehmen sollte, um die männliche Nachfolge des Hauses zu sichern, da seine Söhne keine Kinder hatten. Er nahm mich von meiner mexikanischen Jesuitenschule in die ich ging und sorgte dafür, dass ich als 13-Jähriger in das Jesuiten-Internat St. Blasien im Schwarzwald kam, in dem auch viele andere Kinder aus aristokratischen Familien ihre Schulzeit bis zum Abitur verbrachten. Er instruierte meine Großmutter Elizabeth Helene, dass sie, sollte er vor ihr sterben, für meine weitere Bildung als zukünftiger Chef des Hauses Wettin sorgen solle. Sie übertrug diese Aufgabe an ihren Sohn Maria Emanuel, der mich dann in Folge durch Adoption an Sohnes statt annahm, so dass die Nachfolge als Chef des Hauses Wettin durch mich, nach seinem Tod, gesichert war.“
Nach dem Abitur studierte Prinz Alexander Betriebswirtschaft an der Ludwig Maximilians Universität in München. Im Anschluss daran übernahm er das elterliche Unternehmen in Mexiko. Er ist heute geschäftsführender Gesellschafter der apycsa logistics, s.a. de c.v. Logistik Gruppe. 1994 studierte er an der Top Management Universität „Instituto Panamericano de Alta Dirección de Empresa“ IPADE in Mexiko City und übernahm anschließend einen ehrenamtlichen Lehrauftrag für fünf Jahre an diesem Institut.
Prinz Alexander gehört dem Gründerkreis der „Freunde des Grünen Gewölbes e.V.“ an. Er leitet diesen Kreis als Präsident. Zu den Zielen dieser Vereinigung gehört der Erwerb von Kunstgegenständen, um diese als Dauerleihgaben dem Museum zur Verfügung zu stellen. Er ist Präsident und Ordensherr des St. Heinrichs Ordens und verleiht als Chef des Hauses Wettin, in Nachfolge nach seinem Onkel, ausgewählten Persönlichkeiten für besonderes Handeln im Sinne von Nachhaltigkeit, Tapferkeit und Bewahrung von Werten die „St. Heinrichs-Nadel“.
Prinz Alexander war bis 2013 Honorarkonsul des Königreichs Spanien und sah sein Wirken in einem Ausbau der Kommunikation zwischen Sachsen / Thüringen / Deutschland und Spanien, sowie allen Ländern und Regionen Mittel- und Lateinamerikas, denen er durch seine persönliche Geschichte stark verbunden ist. Er ist Mitglied der Academie des Lettres et des Arts in Versailles, Frankreich, und Chevalier de la Confrérie de Tastevin, Beaune, Burgund, Frankreich. Im Jahr 2012 wurde er von Erzherzog Karl als Souverän des Goldenen Vlies in Wien zum Ritter und Träger des Ordens vom Goldenen Vlies ernannt.
1987 heiratete Prinz Alexander Gisela Prinzessin von Bayern (geb. 1964 in Leutstetten am Starnberger See) aus dem ehemals regierenden Haus Bayern. Sie ist die Tochter von Rasso Prinz von Bayern (1926-2011), der mit Theresa, Erzherzogin von Österreich Toscana (geb. 1931) verheiratet war. Prinzessin Gisela ist ausgebildete Kindergärtnerin. Von ihren sechs Geschwistern wurde ein Bruder Benediktinermönch. Er nahm den Namen Pater Florian an und hält sich seit 1984 Jahren als Missionar in Kenia auf, wo er sich besonders um das Wohl und die Bildung der Nomadenkinder aus armen Familien kümmert.
Prinzessin Gisela ist seit 2001 Vorsitzende des Förderkomitees der Landesstiftung für Natur und Umwelt des Freistaates Sachsen und übt diese Tätigkeit ehrenamtlich aus. Zudem war sie 10 Jahre lang (ab 2009) Honorarkonsulin der Republik von Ecuador. Private Hilfsprojekte zur Unterstützung mexikanischer Straßenkinder flankierten dieses Engagement.
Die Hochzeitsreise führte das junge Paar 1987 nicht in ein Luxusdomizil in Marbella oder auf den Bahamas, sondern ganz bescheiden in den Himalaya: auf eine Rucksacktour quer durch die Himalaya-Länder Ladakh, Kaschmir (in Nord-Indien), Nepal und Sri Lanka. Prinz Alexander erzählt:
„Auf dieser Reise haben wir unser Zelt zu Hause vergessen, was erst mal sehr ärgerlich war. Da wir das Geld für ein neues Zelt nicht hatten, haben wir im Freien, also open air, übernachtet, nur mit unseren Schlafsäcken und das auf 6.000 m Höhe. Einmal sind wir am Morgen aufgewacht und lagen unter einer halben Meter dicken Schneedecke, aber Gott sei Dank ist uns nichts passiert. Es war eine Reise, auf der wir ganz viel erlebt und gelernt haben. Die Menschen dort leben ganz einfach und bescheiden, wir würden sagen arm, und sind dennoch so positiv und freundlich mit einer ganz stark gewachsenen traditionellen Kultur. Da können wir moderne und verwöhnte Menschen ganz viel lernen in Sachen Bescheidenheit und Demut. Drei Monate sind wir so durch das Gebirge des Himalaya gezogen, haben entweder im Freien oder in Klöstern übernachtet, dort gemeinsam mit den Mönchen meditiert und mit ihnen gegessen. Wir wollten immer auf einer Stufe mit den Menschen dort sein und sind ganz in das Leben der Menschen dort eingetaucht. Dabei durften wir erleben, dass man auch ohne Komfort glücklich sein kann.
Prinz Alexander und Prinzessin Gisela von Sachsen Herzog und Herzogin zu Sachsen, Markgraf und Markgräfin von Meißen (Fotorechte bei den Genannten)
Prinz Alexander und Prinzessin Gisela haben vier Kinder:
- GeorgPhilipp Antonius Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen (geb. 1988)
- MauricioGabriel Roberto Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen (geb. 1989)
- Paul ClemensBernard Mansur Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen (geb. 1993)
- Maria TeresitaAnna Luise Caroline Lucardis Prinzessin von Sachsen Herzogin zu Sachsen (geb. 1999)
Prinz Alexander ist neben seiner unternehmerischen Tätigkeit in Mexiko in Deutschland als Berater im Bereich der Unternehmensansiedlung deutscher Firmen in Mittel- und Lateinamerika tätig. Darüber hinaus unterstützt er beratend Markterweiterungen und -erschließungen deutscher wie auch europäischer Firmen in Argentinien, Brasilien, Chile, Guatemala und Mexico. Von 2003 bis 2008 war er Berater für internationale, diplomatische und kulturelle Angelegenheiten des Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen, Prof. Dr. Georg Milbradt, in der sächsischen Staatskanzlei.
Am 18. Mai 1997 ernannte der kinderlose Markgraf von Meißen, Maria Emanuel, Prinz Alexander, den Sohn seiner Schwester Prinzessin Maria Anna, offiziell zum Nachfolger im Amt als Chef des Hauses Wettin und adoptierte ihn am 26. Mai 1999. Dieser Entscheidung stimmten alle Mitglieder des Hauses Wettin persönlich oder wirksam vertreten zu. Sie entspricht den Vorgaben der Satzung des Vereins Haus Wettin Albertinische Linie von 1922, welche wirksam an die Stelle des vormaligen Hausgesetzes von 1837 getreten ist. Damit steht die Nachfolgeregelung im Einklang sowohl mit dem früheren deutschen Fürstenrecht als auch mit dem geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Die Rolle des Markgrafen als Chef des Hauses). Mit dem Tod von Markgraf Maria Emanuel von Meißen im Jahr 2012 trat Prinz Alexander das Amt als Chef des Hauses Wettin an und trug fortan auch den Titel des Markgrafen von Meißen.
Wie fühlt man sich, wenn man „ein Mann vieler Länder“ ist, frage ich Prinz Alexander und füge hinzu, dass ich mich selbst als Bayerin fühle, da ich in Bayern geboren und aufgewachsen bin und zudem mein ganzes Leben in Bayern verbracht habe.
Prinz Alexander schmunzelt und meint: „Na ja, ich fühle mich natürlich als Sachse durch die mütterliche Linie und weil ich auch schon mehrere Jahre lang, während meiner Tätigkeit für Ministerpräsident Milbradt, in Dresden gelebt habe. Dann fühle ich mich auch als Mexikaner, weil ich die meiste Zeit meines Lebens in diesem Land verbracht habe. Weiterhin fühle ich mich auch als Bayer, da ich in München geboren bin und dort studiert habe. Außerdem ist meine Frau vom Starnberger See und so kommen wir jedes Jahr dorthin, um ihre Mutter und Geschwister zu besuchen. Und last not least habe ich natürlich auch eine Verbindung zum Libanon, dem Land meiner Vorfahren väterlicherseits. Auch Spanien, für das ich 10 Jahre lang als Honorarkonsul tätig war, ist mir sehr nah, ebenso Frankreich, dessen Lebensart, Kultur und Sprache ich liebe. So bin ich mal hier und mal dort und fühle mich überall heimisch. Das geht natürlich alles nur, wenn man die Landessprachen beherrscht und ich spreche Deutsch, Spanisch, Französisch und Englisch fließend, dazu kann ich mich auch in Italienisch gut verständigen.
Wenn ich jedoch ehrlich bin, fühle ich mich weder als Deutscher, noch als Mexikaner oder Libanese, sondern ich habe eine sehr starke Verbindung zur Erde im gesamten. Im Altgriechischen, das ich in der Schule gelernt habe, gibt es den Begriff „Gaia“, der Erdball. Und dieser Erdball ist für mich ein Wesen, dem ich mich sehr verbunden fühle, für das ich mich auch verantwortlich und zuständig fühle. So bin ich auch für alle Länder und alle Kulturen dieser Welt offen.“
Während unseres Gesprächs formt sich Stück für Stück mein „Bild“ von Prinz Alexander. Es nimmt Formen und Farben an, zeigt einen weltgewandten und weltoffenen Menschen, der wie ein Chamäleon fähig ist, fast jede Kultur anzunehmen und darin zu agieren, als sei sie sein täglich Brot. So stelle ich mir einen Staatspräsidenten vor, der ein Land auf der ganzen Welt repräsentieren kann. Mein „Bild“ hat viele helle und freundliche Farben, aber jedes Bild hat auch dunkle Flecken, denn das Leben hat Höhen und Tiefen. Was sind für ihn die Tiefen des Lebens und der Menschen, frage ich ihn.
Prinz Alexander sieht ein großes Problem in der Überheblichkeit vieler Menschen, insbesondere auch in der Politik. Er spricht von Lichtgestalten als Vorbilder und Leitbilder, die die Menschen brauchen und die gerade in der Politik so selten sind. Wahre Führungswesen in der Politik müssen den Menschen im Volk vorleben, wie ein verantwortliches, respektvolles und hochwertiges Leben und Verhalten sein muss, das darauf ausgerichtet ist, nicht eigene Interessen zu verfolgen, sondern die Interessen des Landes und des Volkes. „Die Interessen der meisten heutigen Politiker aber liegen hauptsächlich darin, möglichst alle vier Jahre wiedergewählt zu werden.“
Prinz Alexander blickt zurück: „Ich nehme dazu meinen Urgroßvater Friedrich August III. von Sachsen als gutes Beispiel. Der war volkstümlich und liebenswürdig. Er hat sächsisch beherrscht und auch gesprochen. Er hat sich immer wieder mal nachts verkleidet und ist hinaus zum Volk gegangen, ins Wirtshaus, um mit den Menschen Karten zu spielen und zu reden und auf diese Weise zu erfahren, was sie bewegt, was sie an der Politik ärgert, usw. Und dann hat er das, was er erfahren hat, seinen Ministern weitergegeben und sie angewiesen, dieses und jenes zu ändern. Es war nicht so, dass er unbedingt Spaß daran hatte, sich unters Volk zu mischen und Karten zu spielen, sondern dass er ‚vox populi‘ kennen lernen wollte.
Ich habe von meinen Eltern gelernt, dass wir als Aristokraten aus ehemals regierenden Häusern für alle da zu sein haben. Und so war das schon bei meinen Vorfahren. Das haben alle Prinzen gelernt und lernen müssen. Sie wurden von Geburt an dementsprechend erzogen. Jeder Prinz war bei seiner Erziehung eingebunden in ein Geflecht von Verpflichtungen: Er musste nicht nur den Dialekt seines Volkes lernen, sondern auch Fremdsprachen; er musste lernen, sich mit allen Menschen, auch einfachen, zu verständigen, er musste kulturell gewandt sein und auch religiös gebildet sein. Das Ziel einer solchen prinzlichen Erziehung war es, den „Homo Universalis“ zu formen.
Prinz Alexander plädiert für eine langfristige politische Führung und Planung: „Politik sollte und muss auf lange Sicht geplant und gemacht werden, wie z.B. in Japan“, und er bringt dazu auch gleich ein praktisches Beispiel aus seiner Amtszeit in Dresden: „Wir waren einmal bei einem Staatsbesuch in Japan in Nagoya, der sächsische Wirtschaftsminister, eine Gruppe von sächsischen Unternehmern und auch ich gehörte zur Delegation. Ich sehe es noch vor mir: Wir saßen an einem langen Tisch – auf der einen Seite die Japaner und wir auf der anderen Seite. Da stand der OB von Nagoya auf, verbeugte sich und sagte zu unserem Wirtschaftsminister: ‚Es ist mir eine große Ehre, Ihnen die Planung unserer Region für die nächsten 50 Jahre zu überreichen.‘ Unserem Wirtschaftsminister entgleiste sichtlich das Gesicht und er stotterte, sitzendbleibend: ‚Oh, danke. … Wir in unserer Demokratie … haben nur drei Jahre um planen zu können.‘ Daraufhin kam der japanische OB in Verlegenheit und murmelte nur: „Oh, … very nice! Es müsste doch jedem klar sein, dass wir mit einer so kurzfristigen Planung keine Chance haben gegen eine derartig langfristige, wie sie beispielsweise die Japaner oder Chinesen haben!“
Dass wir in Deutschland einiges in Sachen Politik zu verändern haben, ist uns beiden völlig klar. Gleiches gilt für Europa und die EU. Doch anstatt tiefer in die Politik einzutauchen, mache ich einen Schlenkerer zu dem, was mir Prinz Alexander vor dem Gespräch gesagt hat: Er fährt morgen in ein Benediktinerkloster nach Südtirol, um sich für eine Woche dorthin zurückzuziehen. Warum macht er das?
Prinz Alexander: „Ganz einfach: Ich bin Katholik und der christliche Glaube bedeutet mir sehr viel. Aber im Kampf des täglichen Lebens verliert man sehr leicht den Bezug dazu. Deshalb braucht man von Zeit zu Zeit eine innere Einkehr, wo man Gott wiederfindet und sich mit ihm verbinden kann. Ich will mich in dieser Woche verinnerlichen. Und: ich will am Klosterleben, an der Gemeinschaft mit Mönchen, die nach christlichen Maßstäben leben, teilnehmen. Ich habe so etwas schon mehrere Male in meinem Leben gemacht, war auch schon in buddhistischen Klöstern oder indischen Ashrams. Ich will mich runterfahren, will alles, was mich aufregt und nicht schlafen lässt, loslassen, frei davon werden und wieder in die innere Ruhe und Gelassenheit kommen, um Gott wiederzufinden. Ich nenne das: Entschlacken im Kopf und im Unterbewusstsein und wieder zur Demut kommen. Aus eigenen Erfahrungen kann ich sagen: ein solcher Klosteraufenthalt wirkt wahre Wunder. Danach bin ich wieder für die nächste Zeit gewappnet und kann, draußen im Dschungel des Lebens, neu gestärkt weiterkämpfen.“
Mein „Bild“ von Prinz Alexander ist gemalt oder besser, es ist ein erster Entwurf, denn ich maße mir nicht an, nach zwei Gesprächen mit einem Menschen, seine ganze Essenz erfasst zu haben. Es zeigt einen Menschen, den man als äußerst sympathisch bezeichnen kann, umgeben von einer Ausstrahlung der Freundlichkeit, der Großherzigkeit, der Vertrauenswürdigkeit. Er ist ein brillanter Erzähler und seine Geschichten mitten aus dem Leben der großen weiten Welt, in der er sich seit vielen Jahren bewegt, stimmen manchmal heiter, manches Mal aber auch nachdenklich. Die Welt der heutigen Hocharistokraten ist eine andere als sie es noch vor 150 oder mehr Jahren war. Prinz Alexander kann man daher als „Aristokrat des Dritten Jahrtausends“ bezeichnen – eine Mischung aus traditionell und fortschrittlich, aus leger und kultiviert, aus diplomatisch und strikt – verhaftet in der christlichen Tradition und im Geist seiner Ahnen des Königshauses Sachsen. Ein Mann der Zukunft, der offen ist, sich für Sachsen, die Heimat seiner Vorfahren, einzusetzen und der, so meine Quintessenz aus meinen Begegnungen mit ihm, dafür absolut prädestiniert ist.
© Copyright des Artikels liegt bei Helene Walterskirchen (www.helene-walterskirchen.de)